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Borowski und die bösen Männer

„Lass uns doch mal was machen über Männer, die Frauen hassen. Da gibt es doch im Internet so eine Subkultur“. Man kann sich gut vorstellen, wie ein Redakteur oder Redakteurin den Tatort vom 7. März in einem Meeting vorgeschlagen hat. Borowski und die Angst der weißen Männer ist ein klassisches Beispiel eines öffentlich-rechtlichen Diskurskrimis, der ein aktuelles Thema möglichst erschöpfend beackern soll. Idealerweise laufen solche Filme im Rahmen einer Themenwoche oder einer Eventprogrammierung, diesmal anlässlich des Weltfrauentages am Montag, den 8. März 2021.

Mit viel Namedropping, aber durchaus gut recherchiert, hakt dieser Tatort all das ab, was zum Thema Männerhasser und Incels so durch die Presse geistert: Da gibt es die Chatforen als Echokammern, in denen sich die vor allem jungen Männer gegenseitig anonym in ihrem Frauenhass bestätigen und sich gegenseitig zu Gewalttaten ermutigen. Da gibt es den Coach, der den Männern wieder eine von durch Feministinnen eingeredeten Schuldgefühlen ungetrübte Männlichkeit einimpfen will. Da gibt es den Konnex zwischen Frauenhass und Rechtsradikalismus, die Blitzradikalisierung eines eigentlich unpolitischen Verlierers, der sich für seinen Frustabbau ein politisches Framing sucht. Da gibt es den Frust über die Chefin, der Mann gerne mal die Meinung geigen würde, sich aber nicht traut. Und das Zusammenzucken vor weiblichem Gekicher, das aus der Sicht der verunsicherten Jungmänner nur ein Auslachen sein kann.

Bei aller Verknappung, die das starre Format eines 90-Minüters so mit sich bringt, werden die Reizthemen durchaus differenziert betrachtet, ohne dass die Dialoge allzu papierner rascheln. Borowski und die Angst der weißen Männer spielt geschickt mit dem titelgebenden Bild des weißen Mannes. Eine Terrorgruppe, die angeblich männerfeindliche Politikerinnen verfolgt, kleidet sich in weiße Einwegkittel, wie sie auch die MitarbeiterInnen der Spurensicherung tragen. Hier zeigt sich überspitzt die Unmarkiertheit des weißen (heterosexuellen) Mannes, der sich für den Normalfall hält, von dessen Idealbild Frauen, Schwarze oder Homosexuelle nur Abweichungen sind.

Was aber unverzeihlich ist: Die Macher arbeiten bei den wichtigsten männlichen Figuren mit Klischees. Der Coach Massmann (Arnd Klawitter), der in Vorträgen und Youtube-Videos den verunsicherten Männern Flirttipps an die Hand gibt („Schau dir Tierclips an. Es gibt keinen besseren Lehrmeister als ein dominantes Raubtier“) soll wohl eine Anspielung auf Gurus wie Jordan Peterson sein. Der umstrittene, in der „Szene“ der Männerrechtler kultisch verehrte Psychologe arbeitet ebenfalls gerne mit Tiervergleichen, aus denen er eine allgemeingültige kreatürliche Dominanz des Männlichen ableitet. Der tragisch-wissende Gestus, der den Kanadier bei seinen öffentlichen Inszenierungen umweht, geht Massmann aber völlig ab. Mit wie von Kurt Krömer geklauten Klamotten aalt er sich durch Videos und Talkshows und hetzt nebenbei im Verborgenen in Bierkellerstimmung gegen Ausländer.

Cringiger Schmachti
Auch die Hauptfigur schrammt nur knapp an der Karikatur vorbei. Mario ist ein junger Schmachti (so würden ihn junge Machos nennen, neben Frauen das Feindbild der verunsicherten Jungmänner) mit Topfschnitt, der den Frauen nicht in die Augen schauen kann. Der sich auf dem Disco-Klo ein Videotutorial von Massmann anschaut, bevor er mit einem peinlichen Spruch an der Theke ein Mädchen anquatscht. „Cringeworthy“ würden Jugendliche sagen. Dennoch sieht der von Joseph Bundschuh stark gespielte Junge noch viel zu hübsch aus.
Effektiver wäre es hier fast gewesen, wenn die Macher einen Jugendlichen genommen hätten, der nach gängigen Datingkategorien wirklich schwer vermittelbar ist. Denn in der Incel-Szene (Incel = Involuntary Celibate, unfreiwilliges Zölibat) tummeln sich vorwiegend Männer, die sich für zu hässlich für Dates halten, die ihnen als Männer eigentlich von Natur aus zustünden. Das sei laut Incel-Argumentation so, weil Frauen wegen ihrer biologischen Programmierung nur Männer mit einer bestimmten körperlichen Ausstattung (ein breites Testosteron-Kinn z.B.) anziehend finden können. Hier wäre mehr Klischee eventuell effektiver gewesen. Fataler ist allerdings, dass die Figur pathologisiert wird: Mario wird in seinem Kopf vom schrillen Kichern der Mädchen verfolgt, er krümmt sich auf dem Boden hält sich die Ohren zu. So wird

Im Übrigen: Auch die Mädchen werden wenig differenziert gezeichnet. Sie lachen relativ grundlos über Mario und seine Frisur. Hier wird mehr behauptet als in den Figuren angelegt ist. Und dass ein junges Mädchen allen Ernstes den 80er-Hit I Need a Hero von Bonnie Tyler singt, ist schockierend weltfremd.

Besonders interessant und klischeefern wird es hingegen, wenn der Film die Männlichkeit von Kommissar Borowski adressiert. „Ein Mann spürt, wann er losziehen muss“, sagt ein Kollege ironisch, als Borowski grußlos das Büro verlässt. Der seit 2003 von Axel Milberg gespielte Ermittler ist alles andere als ein hypermaskuliner Macho, verkörpert als wortkarger, einsamer Wolf aber dennoch in abgemilderter Weise einen Archetyp des männlichen Filmhelden, der sich seit den 40er-Jahren durch die Krimigeschichte zieht – phänotypisch verkörpert von Humphrey Bogart: Der melancholische Detektiv, der seine Gefühle für sich behält und mit Frauen so seine Probleme hat. Darüber hinaus ist der doch etwas brave Borowski aber auch ein typischer Profiteur einer unsichtbar bleibenden männlichen Hegemonie. Auch ohne Machogebaren wird seine (männlich konnotierte) Kompetenz als Polizist unhinterfragt hingenommen. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Film diese oft als Selbstverständlichkeit genommene „unsichtbare Männlichkeit“ hinterfragt, wenn auch nur rudimentär. Umso fragwürdiger ist es, dass in einer Szene dem lauchigen Mario ein hypermaskuliner, muskelbepackter Türsteher als unhinterfragte Folie von „echter“ Männlichkeit entgegengestellt wird.

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